Aktuelles aus dem Bezirk
21. April 2025 – 80. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus
Der Bezirksvorstand hatte zur Gedenkveranstaltung am ersten befreiten Haus, Landsberger Allee 563, eingeladen. Etwa 150 Genossinnen und Genossen, Vertreterinnen und Vertreter anderer Organisationen sowie Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung gefolgt.
Am 21. April 1945 erreichten die ersten sowjetischen Soldaten der 1. Belorussischen Front unter dem Befehl von Generaloberst Bersarin bei Marzahn das Berliner Stadtgebiet. Seit 1983 erinnert das Wandbild am ersten befreiten Haus an dieses Ereignis.
Kristian Ronneburg, Bezirksvorsitzender, und Marina Richter-Kastschajewa, stellvertretende Bezirksvorsitzende, begrüßten die Anwesenden. Die Musikerin Isabel Neuenfeldt umrahmte die Veranstaltung mit Friedensliedern.
Die nachfolgenden Rednerinnen und Redner widmeten sich auf unterschiedliche Weise dem Gedenken an die Befreiung vom Hitlerfaschismus – sowohl aus historischer als auch aus aktueller Perspektive. Petra Pau, Bundestagsvizepräsidentin a.D., erinnerte an den Schwur der überlebenden Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald:
„Wir werden den Kampf erst aufgeben, wenn der letzte Schuldige vom Gericht der Völker aller Nationen verurteilt ist. – Die endgültige Zerschmetterung des Nazismus ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ideal.“
Angesichts eines gegenwärtig erstarkenden Faschismus und der gezielten Angriffe der AfD auf demokratische Errungenschaften, sei der Schwur von Buchenwald als Verpflichtung auf unsere Generation übergegangen, sagte Pau.
Olaf Michael Ostertag, Vorsitzender des Heimatvereins Marzahn-Hellersdorf, erinnerte an das Gedenken an den 8. Mai 1945 in der BRD und in der DDR. In beiden Staaten gab es einen antifaschistischen Gründungsimpuls. In der DDR wurde dieser Tag jedoch viel früher als „Tag der Befreiung“ begangen als in der BRD. Erst durch die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 wurde dieser Tag auch in der BRD als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus anerkannt. Seit 1990 wird der 8. Mai auch im wiedervereinigten Deutschland als Tag der Befreiung begangen.
Auch Ostertag sieht den antifaschistischen Grundkonsens in Gefahr. Mit Brechts Kinderhymne –
„Anmut sparet nicht noch Mühe,
Leidenschaft nicht noch Verstand,
dass ein gutes Deutschland blühe,
wie ein andres gutes Land.
Dass die Völker nicht erbleichen
wie vor einer Räuberin,
sondern ihre Hände reichen
uns wie andern Völkern hin...“ –
sprach er den Anwesenden aus dem Herzen, welches Deutschland wir wollen.
Isabell Neuenfeldt griff das Lied auf und regte zum gemeinsamen Singen an.
Wolfgang Lange von der Kiezgruppe „Für ein Miteinander in Marzahn-Hellersdorf“ erinnerte daran, dass viele Völker und Armeen an der Niederschlagung des Faschismus beteiligt waren. Befreit wurden Deutsche, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus fast allen Ländern Europas, immer noch versteckt lebende Jüdinnen und Juden sowie Widerstandskämpfer:innen. Befreit von einem verbrecherischen System, das so viele Menschen ermordet und auch die eigene Bevölkerung dem Schrecken des Krieges ausgesetzt hatte. Wieder und wieder müsse an diese Ereignisse und Zusammenhänge erinnert werden.
Anne Helm, Fraktionsvorsitzende der Linken im Abgeordnetenhaus, machte u.a. darauf aufmerksam, dass Putin das Gedenken an den Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg heute auch für seine aktuellen nationalistischen Ziele vereinnahme. Helm warnte zudem davor, dass der am 15. Juni 2025 erstmals stattfindende „Nationale Veteranentag“, mit dem aus der Bundeswehr ausgeschiedene Soldatinnen und Soldaten geehrt werden sollen, der gegenwärtig stattfindenden umfassenden Militarisierung dienen könnte.
Marina Richter-Kastschajewa erinnerte an Nikolai Bersarin, der mit seinen Truppen als Erster Berlin erreicht hatte und deshalb auch als erster Stadtkommandant des befreiten Berlins eingesetzt wurde. Seine ersten Befehle befassten sich mit der Normalisierung des materiellen Lebens, aber auch mit der Wiedereröffnung von Kinos, Theatern und dem Erscheinen von Zeitungen. Für dieses Handeln genoss er bei Zeitzeugen hohe Wertschätzung – und genießt sie bis heute.
Am 21. April 2005 wurde die Brücke über die Wuhle, unweit des ersten befreiten Hauses, in Nikolai-Bersarin-Brücke benannt.
Marina Richter-Kastschajewa und Anne Helm erinnerten an den verstorbenen Kameraden Karl Forster, dessen Redebeitrag nach Wolfgang Lange und vor Anne Helm folgen sollte.
Zum Abschluss des Gedenkens legten die Anwesenden Blumengebinde und Blumen nieder. Anschließend begaben sich die Teilnehmenden zur Nikolai-Bersarin-Brücke, um am Namensschild und Brückengeländer rote Nelken anzubringen.
Während der Gedenkstunde hatten wir zwei Transparente angebracht: „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus“ und „Bersarin-Brücke“.
Renate Schilling